
Wo Menschen sind, sind auch Konflikte
Eine Meinungsverschiedenheit ist noch kein Konflikt. Wesentlich für einen Konflikt ist, dass sich mindestens ein Betroffener in seiner Freiheit zu handeln, zu denken oder zu entscheiden eingeschränkt fühlt. Das ist die Saat, aus der Streit entsteht.
Konflikte sind alltäglich. Daher hat jeder Mensch Strategien, um mit ihnen umzugehen:
- Es einfach gut sein lassen, wenn das Thema nicht wichtig genug ist.
- Streit aus dem Weg gehen.
- Klärende Gespräche.
- Kompromisse schließen.
- Ärger herauslassen und dann wieder versöhnen
- …
Doch manchmal, so scheint es, gibt es keine Lösung. Zu weit sind die Positionen auseinander, zu nah sind sich die Konfliktparteien, um sich wenigstens aus dem Weg gehen zu können.
- Nähe kann räumlich sein: Nachbarn, die um Grundstücksgrenzen, Bäume, Hecken, Lärm, Müll oder den Parkplatz streiten. Nachbarn, die einander letztlich ausgeliefert sind, denn man kann sein Grundstück nicht einfach einpacken und mitnehmen.
- Nähe kann wirtschaftlich sein:
• Geschäftspartner mit gegenseitigen Abhängigkeiten
• Streitigkeiten zwischen Auftraggebern und -nehmern
• Gütertrennung bei Scheidungen
• Erbschaften, die ganze Familien zerrütten
• Schwierig verlaufende Betriebsübergaben
Auch hier kann man nicht einfach weggehen. Eine Lösung muss gefunden werden. - Nähe kann zwischenmenschlich sein:
• Familien mit ihren unzähligen Streitthemen
• Sorgerechtsthemen
• Generationskonflikte
• Streit am Arbeitsplatz unter Kollegen
Die Eskalationsspirale dreht sich
Wo es keine Lösung gibt und auch keine ausreichende Distanz hergestellt werden kann, neigen Konflikte zum eskalieren. Ein Wort gibt das andere, jede Aktion erzeugt eine Gegenreaktion und ein Ausstieg wird immer schwerer, je verhärteter die Fronten sind.
Durch Aufbau von Druck wird versucht, den Gegner doch noch zum Nachgeben zu zwingen. Doch das führt in der Regel nur zu einer weiteren Verschärfung. Oftmals durchläuft die Eskalation von Konflikten folgende Stufen:
- Stufe 1: Meinungsverschiedenheit mit Konfliktcharakter.
- Stufe 2: Intensive Versuche mit Argumenten zu überzeugen. Streit.
- Stufe 3: Gesprächsabbruch. Handlungen statt Worte.
Ab Stufe 4 geht es nicht mehr um die Sache, sondern darum, dass der Gegner verliert:
- Stufe 4: Verbündete für die eigene Sache suchen und Gegner denunzieren. Wer nicht für mich ist, ist gegen mich.
- Stufe 5: Öffentlichen Gesichtsverlust beim Gegner herbeiführen. Moralische Vernichtung des Gegners.
- Stufe 6: Drohungen mit totaler Vernichtung des Gegners
Ab Stufe 7 gibt es im Konflikt nur mehr Verlierer:
- Stufe 7: Vorsätzliche Schädigung des Gegners, begrenzter eigener Schaden wird toleriert
- Stufe 8: Vernichtung des unterstützenden Umfelds des Gegners
- Stufe 9: Vernichtung des Gegners. Vollständiger eigener Untergang wird dabei in Kauf genommen.
Lösungen für scheinbar unlösbare Konflikte
Entscheidung durch Dritte
Wenn alle eigenen Bemühungen, einen Konflikt zu lösen, scheitern, ist die Versuchung groß, jemand anderen entscheiden zu lassen. Ein Machtwort soll gesprochen werden. Üblicherweise erfolgt das durch einen frei gewählten oder bestellten Schiedsrichter, durch Vorgesetzte oder vor Gericht.
Solche Schiedssprüche haben jedoch meist den bitteren Beigeschmack von Sieg und Niederlage. In der Praxis zeigt sich, dass Konfliktlösungen, die einen Sieger und einen Verlierer zurücklassen, oft nicht nachhaltig sind. Die Lunte glimmt weiter, der Konflikt flackert an anderer Stelle wieder auf.
Es soll hier keineswegs der Eindruck erweckt werden, dass Entscheidungen durch Dritte nicht ihre Berechtigung haben. Sie sind als äußerste Maßnahme in manchen Fällen unbedingt notwendig, wenn gar nichts mehr geht. Doch in einer Vielzahl von Fällen sind andere Lösungen möglich.
Konfliktregelung in einer Mediation
Besser ist es Lösungen anzustreben, die auf einer wechselseitigen Übereinkunft beruhen, in der die Bedürfnisse aller Beteiligten so weit wie möglich berücksichtigt sind. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Konfliktparteien miteinander reden und vor allem einander zuhören können. Und genau das ist oft so schwierig, besonders, wenn der Konflikt eine lange Geschichte hat oder die Positionen stark verfestigt sind.
Wo die Konfliktparteien alleine nicht weiterkommen, benötigen sie eine neutrale Unterstützung durch einen Dritten, der neutral und allparteilich durch die Verhandlungen führt. Diese Aufgabe übernimmt der Mediator und der Verhandlungsprozess heißt dann Mediation.
Weiterlesen: Was ist Mediation?